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Ehrenamtliches Engagement ist gelebte Integration

25.03.2020 Seite 29
RAE Ausgabe 4/2020

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 4/2020

Seite 29

Rund 70 neue Mitglieder der Ärztekammer Nordrhein konnte Kammerpräsident Rudolf Henke in einer feierlichen Begrüßungsveranstaltung Mitte Februar in der Ärztekammer Nordrhein willkommen heißen.

von Jürgen Brenn

Bereits zum 17. Mal seit 2009 hat die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) neue Kammermitglieder eingeladen, die Kammer, ihre Funktionen, Aufgaben und ihr Angebot an die Mitglieder kennenzulernen. Rund 70 zumeist junge Kammermitglieder folgten der Einladung ins Haus der Ärzteschaft. Sie nutzten bereits vor Beginn des offiziellen Festaktes die Möglichkeit, bei einer Tasse Kaffee mit ihrer Ärztekammer Nordrhein auf Tuchfühlung zu gehen. Dafür standen auch 2020 wieder zahlreiche ehrenamtlich in der ÄkNo engagierte Ärztinnen und Ärzte wie beispielsweise Vorstandsmitglieder sowie Mitglieder der Geschäftsführung und Mitarbeiterinnen der Weiterbildungsabteilung zur Verfügung.

Die Ärztekammer ist mehr als ein Verein mit Zwangsmitgliedschaft

Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, freute sich, dass die Begrüßungsveranstaltung für neue Kammermitglieder inzwischen Tradition hat. Seit elf Jahren lädt die Kammer ein- bis zweimal jährlich zur Begrüßung ein, die sich im Laufe der Jahre auch durch Anregungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verändert hat. Auch an diesem Vormittag lud Henke die neuen Kammermitglieder ein, sich mit neuen Ideen an der Weiterentwicklung der Veranstaltungsreihe zu beteiligen.

Die Ärztekammer Nordrhein ist die einzige Interessenvertretung, die im Landesteil Nordrhein alle Ärztinnen und Ärzte vertritt, stellte Henke die Bedeutung der ÄkNo heraus. Mit ihren derzeit 64.000 Mitgliedern ist die Kammer für die Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf die drittgrößte Ärztekammer hinter Bayern und Baden-Württemberg. Alle in Nordrhein tätigen oder wohnhaften Ärztinnen und Ärzte sind nach dem Heilberufsgesetz Pflichtmitglieder in der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Rund 250 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Düsseldorfer Hauptstelle sowie in den 27 Kreisstellen führen die Aufgaben der ärztlichen Selbstverwaltung aus. Die ÄkNo ist in ihrer Funktion als Selbstverwaltung mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben eine Art „untergeordneter Gesetzgeber“, der für seine Mitglieder zum Beispiel Satzungen wie die Berufsordnung, die Weiterbildungsordnung oder auch die Fortbildungsordnung erlässt und deren Einhaltung kontrolliert. Dabei hat das Landesgesundheitsministerium zwar ein normatives Kontroll-, aber kein inhaltliches Mitspracherecht, erläuterte der Kammerpräsident. Zu den weiteren Aufgaben der Kammer gehört die Erfüllung weisungsgebundener staatlicher Aufgaben, die das Land Nordrhein-Westfalen an die Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe delegiert. Die Kammer vertritt gegenüber Politik, Öffentlichkeit und Institutionen die Interessen der nordrheinischen Ärzteschaft. Sie sieht sich auch als Beratungspartner ihrer Mitglieder sowie für die Patienten und die Öffentlichkeit, betonte Henke.
 

Diese Aufgaben könnten nicht bewältigt werden, wenn sich nicht rund 2.000 Ärztinnen und Ärzte ehrenamtlich in Gremien und Kommissionen in die Ärztekammer zum Beispiel als Weiterbildungsprüfer oder Prüfer in der Ausbildung zu Medizinischen Fachangestellten einbringen würden. Henke lud die Ärztinnen und Ärzte ein, sich ebenfalls in der Kammer in der einen oder anderen Form zu engagieren, denn „von diesem Engagement lebt die Ärztekammer Nordrhein“. 

Auch die 121 Delegierten der Kammerversammlung – dem Parlament der nordrheinischen Ärzteschaft – sind ehrenamtlich tätig. Sie werden alle fünf Jahre gewählt. Die Kammerversammlung ist das höchste Beschlussorgan der Ärztekammer. Sie wählt den Präsidenten, den Vizepräsidenten und 16 Beisitzer im Kammervorstand, wobei der Präsident die Kammer gerichtlich und außergerichtlich vertritt, erläuterte Henke seine Position innerhalb des demokratischen Aufbaus der Körperschaft.

Die Festrednerin, SPD-Bundestagsabgeordnete und niedergelassene Kinder- und Jugendärztin in Attendorn Nezahat Baradari spannte den Bogen über Migration, Medizin und Politik. Sie stellte fest, dass Deutschland nicht erst seit wenigen Jahren Einwanderung kenne. „Deutschland ist ein traditionelles Einwanderungsland“, so Baradari. Auch das Gesundheitssystem sei mittlerweile auf Einwanderung angewiesen, so die Kinderärztin, die stellvertretendes Mitglied des Bundestagsausschusses für Gesundheit ist. Derzeit liege der Anteil von Ärztinnen und Ärzten mit Migrationshintergrund in Deutschland bei etwa 12,4 Prozent. In manchen Teilen von Westfalen-Lippe seien vergangenes Jahr 80 Prozent der neu eingestellten Assistenzärzte ausländischer Herkunft gewesen, so Baradari. Besonders Kliniken in kleineren Städten sowie in ländlichen Regionen seien auf Ärzte mit ausländischen Wurzeln angewiesen. Diese Tatsache werfe in der Ärzteschaft ebenso wie in der ganzen Gesellschaft die Frage auf, wie diese Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen erfolgreich integriert werden können. Baradari empfahl als ein wichtiges Instrument der Integration, sich ehrenamtlich in der Selbstverwaltung zu engagieren und hier die Angebote der Ärztekammer Nordrhein zu nutzen. „Als Kinderärztin freut es mich ganz besonders, dass beim Projekt Gesund macht Schule der Ärztekammer Nordrhein und der AOK Rheinland/Hamburg 160 Patenärzte mitarbeiten.“ Aber auch die Arbeit in einer medizinischen Hilfsorganisation sei ein guter Weg der Integration, so Baradari und richtete an die neuen Kammermitglieder den Appell: „Ich wünsche mir, dass Sie sich immer zum Wohle Ihrer Patienten einsetzen und daneben Zeit finden, um sich ehrenamtlich zu engagieren und dieser Gesellschaft zu dienen. Ich würde mich auch freuen, den einen oder anderen im Deutschen Bundestag begrüßen zu dürfen.“ Aus ihrer Sicht sind Mediziner im Bundestag mit 25 Abgeordneten, die einen medizinischen Bildungshintergrund haben, unterrepräsentiert. „Mediziner brauchen in der Gesetzgebung mehr Mitsprachrecht“, forderte Baradari. 

Fristen bei Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung beachten

Rudolf Henke wies auf die Nordrheinische Ärzteversorgung (NÄV) als das ärztliche Versorgungswerk hin. Ärztinnen und Ärzte hätten die Möglichkeit, den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen, wenn sie eine doppelte Mitgliedschaft – in der gesetzlichen Rentenver-sicherung und der NÄV – und eine damit verbundene Beitragsverpflichtung vermeiden wollen. Der Antrag muss innerhalb -einer Frist von drei Monaten ab Tätigkeitsbeginn gestellt werden. Dafür sei die Anmeldung bei der Ärztekammer Nordrhein nicht ausreichend, sagte Henke.
Daneben betonte der Präsident, dass auch der Wechsel des Arbeitgebers einen erneuten Befreiungsantrag gegenüber der Deutschen Rentenversicherung nötig mache. Auch dabei hilft die Nordrheinische Ärzteversorgung.

Nähere Informationen unter www.naev.de.
 

Gelöbnis

Für jede Ärztin und jeden Arzt gilt folgendes Gelöbnis:

„Als Mitglied der ärztlichen Profession gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten werden mein oberstes Anliegen sein.

Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren.

Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren.

Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen zu Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jegliche andere Erwägungen mich von der Erfüllung meiner Pflichten gegenüber meiner Patientin oder meinem Patienten abbringen.

Ich werde die mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der 
Patientin oder des Patienten hinaus wahren.

Ich werde meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis ausüben.

Ich werde die Ehre und die edlen Traditionen des ärztlichen Berufes fördern.
Ich werde meinen Lehrerinnen und Lehrern, meinen Kolleginnen und Kollegen und meinen Schülerinnen und Schülern die ihnen gebührende Achtung und Dankbarkeit erweisen.

Ich werde mein medizinisches Wissen zum Wohle der Patientin oder des Patienten und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung teilen.

Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können.

Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden.

Ich gelobe dies feierlich, aus freien Stücken und bei meiner Ehre.“