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Praxis

Versorgung von Pflegeheimbewohnern wird gefördert

20.09.2019 Seite 22
RAE Ausgabe 10/2019

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 10/2019

Seite 22

Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in den kommenden Jahren deutlich steigen. Das stellt die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen vor große Herausforderungen. © Peter Atkins, Fotolia
Mit 16,5 Millionen Euro fördern die KV Nordrhein und die nordrheinischen Krankenkassen in den kommenden zweieinhalb Jahren die Versorgung von Bewohnern vollstationärer Pflegeeinrichtungen. Ab dem 1. Oktober gilt ein neuer Fördervertrag, der eine zusätzliche Vergütung von Leistungen für Haus- und Fachärzte vorsieht. Zudem soll die oft ineffiziente Versorgung besser strukturiert werden.

von Thomas Lillig

Seit 2016 können Haus- und Fachärzte Kooperationsverträge mit Pflegeheimen schließen. 1.364 Ärzte und Psychotherapeuten in Nordrhein haben bislang von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Nicht genug, um für die Herausforderungen durch den demografischen Wandel gerüstet zu sein – da sind sich die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein und die nordrheinischen Krankenkassen einig. Mit dem „Vertrag zur besonderen Förderung der Pflegeheimversorgung“ haben sie deshalb ein neues, umfangreiches Förderpaket geschnürt, um die Versorgung von Patienten in Pflegeheimen besser zu strukturieren und den erhöhten ärztlichen Aufwand zu honorieren.

Wachsender Versorgungsbedarf

„Schwindenden Ressourcen auf ärztlicher Seite steht ein immer größerer Versorgungsbedarf bei älteren, multimorbiden Patienten in Pflegeeinrichtungen gegenüber“, sagt Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein. „Gemeinsam mit den Heimen und ihren Trägern wollen wir das Thema Pflegeheimversorgung entscheidend voranbringen und die Voraussetzungen dafür sowohl für unsere Mitglieder als auch für die Patienten verbessern“, so Bergmann.

Der Vertrag startet am 1. Oktober. Er hat eine Laufzeit von zunächst zweieinhalb Jahren und ein Volumen von 16,5 Millionen Euro. Wenn er die gewünschte Wirksamkeit entfaltet, ist auch eine Verlängerung möglich. 
Kern der Vereinbarung ist, die Zusammenarbeit von sogenannten koordinierenden (Haus-)Ärzten und kooperierenden Fachärzten zu verbessern. Koordinierende Ärzte verpflichten sich zu mindestens drei Pflegeheimbesuchen pro Quartal; wenigstens zweimal im Quartal soll dabei der Gesundheitszustand jedes betreuten Pflegeheimbewohners begutachtet werden. Fachärzte sollen diese Leistungen mindestens einmal pro Quartal erbringen. Die Ärzte können Visiten auch durch eine Nichtärztliche Praxisassistentin (NäPra) durchführen lassen, sofern sie über eine Genehmigung dafür verfügen. Nicht delegierbar dagegen ist die „gemeinsame Visite“ von koordinierenden und kooperierenden Ärzten. Die soll jährlich erfolgen, erstmals innerhalb von drei Monaten nach Start der Behandlung im Rahmen der Pflegeheimförderung, aber auch nach Aufnahme eines neuen Patienten sowie bei einem Wechsel des koordinierenden Arztes. Koordinierende Ärzte haben zudem die Aufgabe, den Gesundheitszustand und die Versorgung der Pflegebedürftigen regelmäßig zu dokumentieren – in einem einfach gestalteten Bogen.  
Für Leistungen im Rahmen der Förderung erhalten teilnehmende Ärzte Extra-Honorare – zusätzlich zu den Vergütungen nach Kapitel 37.2 und außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Dies gilt auch für NäPras, die Leistungen von den Ärzten übernehmen. So wird die gemeinsame Visite mit 15 Euro zusätzlich je Arzt honoriert. Für die regelmäßige Einzelvisite gibt es ab dem zweiten Besuch pro Quartal 11,50 Euro extra. Die Dokumentationsaufgaben werden mit zehn Euro für das einmalige Anlegen eines Dokumentationsbogens und mit fünf Euro für die halbjährliche Überprüfung beziehungsweise Aktualisierung vergütet.  
Um Bürokratie zu vermeiden und die Mitwirkung an der verbesserten Pflegeheimversorgung so leicht wie möglich zu machen, haben die Vertragspartner auf ein gesondertes Antragsverfahren verzichtet. Die Förderung in Anspruch nehmen können Ärzte aller Fachrichtungen, die mit dem jeweiligen Pflegeheim nachweislich einen Kooperationsvertrag abgeschlossen haben und Leistungen des EBM-Kapitels 37.2 abrechnen dürfen. Auch für betreute Patienten gibt es keine Auflagen. Alle gesetzlich Versicherten, die Bewohner eines vollstationären Pflegeheims in Nordrhein sind, können von der verbesserten Versorgung profitieren.

Strukturelle Verbesserungen

Durch die Einbindung der Kreisstellen soll eine bessere Verzahnung mit den Pflegeheimen vor Ort erreicht werden. Geplant ist auch eine Pflegeheim-Datenbank mit Informationen zur Ausstattung von Pflegeeinrichtungen, zu Kontaktpersonen und zu bereits bestehenden Kooperationen. Langfristiges Ziel der Vertragspartner ist, dass jedes vollstationäre Pflegeheim in Nordrhein mindestens einen Kooperationsvertrag abschließt. Mehr Infos und Vordrucke für Kooperationsverträge nach § 119b SGB V und den Dokumentationsbogen gibt es unter www.kvno.de/vertraege

Thomas Lillig ist Redakteur im Bereich Presse und Medien der KV Nordrhein.