Neben ihrem Beruf engagieren sie sich ehrenamtlich für ihre Kolleginnen und Kollegen: Die Kreisstellenvorsitzenden der Ärztekammer Nordrhein. Doch welche Eigenschaften machen einen Vorsitzenden eigentlich aus und wie begeistert man die junge Ärztegeneration für das Ehrenamt? Diese Fragen stellten wir Dr. Ivo Grebe, Vorsitzender der Kreisstelle der Stadt Aachen, in unserer Reihe „Mein Engagement“.
RhÄ: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der Straßenbahn und möchten Ihrem Sitznachbarn erklären, was die Ärztekammer ist. Was würden Sie sagen?
Grebe: Mit der Ärztekammer verhält es sich ein wenig wie mit dem Scheinriesen aus Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“: Je näher man ihr kommt, desto freundlicher wirkt sie (lacht). Auf den ersten Blick wirkt die Kammer wie ein sperriges, bürokratisches Monstrum. Bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es sich um eine höchst kooperative, produktive und serviceorientierte Institution handelt. Von außen mag es kühl und abstrakt erscheinen, aber wenn man in die Tiefe geht, sieht man, dass die Kammer sich für die Belange der Ärztinnen und Ärzte einsetzt, sei es in der Weiterbildung, den Fortbildungen durch die Akademie oder der Berufsordnung. Ferner bemüht sie sich um eine sehr differenzierte und breite Aufstellung der Ärzteschaft nach außen.
RhÄ: Welche Eigenschaften sollte ein Kreisstellenvorsitzender Ihrer Meinung nach mitbringen?
Grebe: Ein Vorsitzender sollte Verantwortung übernehmen können und bereit sein, Konflikte zu lösen. Ein gewisses Maß an Idealismus und Kreativität sollte auch vorhanden sein. Es geht darum, Dinge umzusetzen. Das gelingt natürlich nicht immer. Es gibt immer Reibungen innerhalb der regionalen Ärzteschaft, das ist ganz natürlich und auch gut. Man sollte aber in der Lage sein, ein konstruktives, respektvolles Miteinander zu schaffen. Manchmal kann der Alltag als Vorsitzender recht grau wirken, weil Vorstellungen nicht verwirklicht werden können, auch damit muss man umgehen lernen. Für solche Momente muss man eine solide Frustrationstoleranz aufgebaut haben (lacht). Letztendlich gehören dann noch ein gesundes Maß an Zuversicht und Optimismus zu den Eigenschaften dazu, um die Arbeit zu bewältigen.
„Ja näher man ihr kommt, desto freundlicher wirkt sie.“
RhÄ: Was möchten Sie als Kreisstellenvorsitzender in Aachen bewirken?
Grebe: Die Kreisstelle fungiert als Schnittstelle zwischen ambulant und stationär tätigen Kolleginnen und Kollegen. Es geht in erster Linie darum, Lösungen für alle Belange zu finden und diese dann umzusetzen. Der Austausch geschieht auch über unsere Fortbildungsveranstaltungen. Wir greifen oft wichtige, berufspolitische Themen auf, beispielsweise die Digitalisierung. Dies möchte ich weiterhin so realisieren können. Zudem liegt mir das Image der Ärztekammer auf regionaler Ebene sehr am Herzen. Ich möchte, dass alle Ärztinnen und Ärzte sich von der Kammer unterstützt fühlen.
RhÄ: Welchen Rat würden Sie Ärztinnen und Ärzten geben, die heute in den Beruf starten?
Grebe: Man sagt ja, Ratschläge sind auch nur Schläge. Ich bin der Meinung, dass jeder seinen eigenen Weg gehen muss – Erfahrungsberichte der Älteren können dabei hilfreich sein. Ich bin immer noch fest davon überzeugt, dass der Arztberuf ein toller und vor allen Dingen ja auch freier Beruf ist, der einem sehr viel Freude bringt. Ich denke, man sollte zeitlebens neugierig bleiben und Informationen sammeln, ob fachliche oder institutionelle. Am Ende weiß man, was für einen persönlich am besten passt und wohin man gehen möchte. Man ist mit so vielen Menschen, Institutionen und Vereinen in Kontakt, alle liefern Input und prägen einen.
RhÄ: Wie würden Sie die junge Ärztegeneration davon überzeugen, sich ehrenamtlich in der Ärztekammer zu engagieren?
Grebe: Die junge Ärztegeneration zu überzeugen ist sicherlich schwierig. Ihr Fokus liegt einfach noch nicht bei der ehrenamtlichen Tätigkeit. Meist interessieren sie sich mehr für die Weiterbildung, ihren Berufseinstieg oder eben die Familienplanung, und das ist völlig legitim. Ich finde die negativen Prophezeiungen über das scheinbar nicht vorhandene Engagement der jüngeren Kolleginnen und Kollegen unsinnig. Es wird immer Menschen geben, die sich engagieren möchten. Sicher, im Idealfall würden uns die Jungen die Türen einrennen (lacht), aber man muss in die Kammerarbeit erst einmal hineinwachsen. Für mich ist es wichtiger, Vorbild zu sein, zuzuhören und vor allem, diejenigen zu motivieren, die es auch wirklich machen wollen. Wir müssen proaktiv werben.
Das Interview führte Vassiliki Latrovali
Dr. Ivo Grebe wurde 1953 in Berlin geboren und ist nach seinem Medizinstudium in Aachen der Stadt treu geblieben. Seine Weiterbildung zum Internisten hat er am Universitätsklinikum in Aachen absolviert. Im Jahr 1989 ließ er sich in eigener Praxis nieder. Er ist Vorsitzender der Kreisstelle Stadtkreis Aachen der Ärztekammer Nordrhein und war langjähriges Mitglied im Vorstand der Kreisstelle Stadt Aachen der Kassenärztlichen Vereinigung. Seit April 2016 ist er als 2. Vizepräsident und Schatzmeister im Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) tätig.