Auf der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) am 19. April 1969 im Kölner Ärztehaus sollten die Delegierten eigentlich über die Einführung einer neuer Weiterbildungsordnung beraten und abstimmen. Allerdings hatte der Vorstand kurz zuvor entschieden, diesen Punkt von der Tagesordnung zu nehmen, und zwar aufgrund von „rechtlichen und berufspolitischen Überlegungen“, wie der Ausgabe vom 8. Mai 1969 des Rheinischen Ärzteblattes zu entnehmen ist. Ausführlich begründete der Präsident der ÄkNo, Dr. Alfred Consten, die Hintergründe. Ausgangspunkt war die Verfassungsklage eines nordrheinischen Gynäkologen, der seine Berufsfreiheit durch die Beschränkung auf die Behandlung von Frauen verletzt sah. Er wurde vom Berufsgericht verurteilt, da er „als Frauenarzt laufend Männer behandelt“ hatte. Dem Verfassungsgericht stellten sich nun zwei Grundsatzfragen, erklärte Consten: „Handelt es sich bei der Tätigkeit als Facharzt um die Ausübung eines Berufes, der im Gegensatz steht zur Tätigkeit des allgemein praktizierenden Arztes, oder gibt es noch einen einheitlichen Beruf als Arzt, innerhalb dessen die Tätigkeit als Facharzt nur eine bestimmte Form der Berufsausübung darstellt.“ Der zweite Aspekt bezog sich auf die Rechtmäßigkeit der Berufsordnung, die damals die Weiterbildung mit regelte. Das Verfassungsgericht hatte zu klären, ob die landesgesetzliche Ermächtigung ausreichend war für den Erlass einer Berufsordnung durch die Ärztekammer. Bevor diese Grundsatzfragen nicht geklärt seien, sah der ÄkNo-Vorstand keinen Sinn darin, der Kammerversammlung eine neue Weiterbildungsordnung zur Abstimmung vorzulegen.
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