Die Klage über den „Landarztmangel“ wird immer lauter – die KV Nordrhein bringt Nachwuchsmedizinern und -therapeuten daher die Vorteile einer Tätigkeit außerhalb der Ballungsräume näher. Bei der ersten „Landpartie“ im Kreis Kleve informierten sich rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über eine mögliche Niederlassung am Niederrhein.
von Heiko Schmitz
Nachwuchsmediziner zieht es zunehmend in die Städte – und immer mehr von ihnen wollen als Angestellte arbeiten. Diese Trends hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein mit ihrer „Landpartie“ vom 5. bis 7. April in Rees am Niederrhein aufgegriffen und zugleich dafür gesorgt, dass sich rund 30 Mediziner und Psychotherapeuten konkret mit einer möglichen Niederlassung in der eigenen Praxis direkt vor Ort beschäftigt haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernten zugleich den Niederrhein sowie rund ein Dutzend Niedergelassene kennen, die seit Langem vor Ort als Haus- und Fachärzte tätig sind und Nachfolger suchen. „Ich freue mich sehr, dass wir bei so vielen Kolleginnen und Kollegen Interesse an der Niederlassung im Allgemeinen und am Leben und Arbeiten im Kreis Kleve im Speziellen wecken konnten“, sagte Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein. „Wir haben die Teilnehmer zweieinhalb Tage lang mit allen möglichen Infos rund um die Arbeit als selbstständiger Mediziner oder Therapeut in der eigenen Praxis versorgt und mit vielen Vorurteilen aufgeräumt – auch was das Leben in ländlichen Regionen betrifft.“
Das Programm bot vor allem Vorträge und Workshops im Hotel Rheinpark, die überwiegend von Beratern der KV Nordrhein gestaltet wurden. Dr. Johannes Martin, Projektleiter für den Strukturfonds der KV Nordrhein, präsentierte die Möglichkeiten zur finanziellen Unterstützung etwa von Hospitationen in Praxen, die sich in Fördergebieten befinden. „Im Grunde ist die ganze Landpartie eine Fördermaßnahme“, sagte Martin. Denn neben dem notwendigen Know-how für eine etwaige Niederlassung erhielten die Gäste auch viele Möglichkeiten, den Kreis Kleve und die Stadt Rees näher kennenzulernen.
Kreis Kleve lockt den Nachwuchs
Landrat Wolfgang Spreen stellte den Kreis Kleve am Samstagnachmittag persönlich vor und verwies dabei auf die Angebote und Aktivitäten des Kreises, der Stipendien für Studierende, ein Hospitationsprogramm und finanzielle Unterstützung für Ärztinnen und Ärzte bietet, die sich für eine Niederlassung im Kreis Kleve interessieren beziehungsweise dort eine Praxis übernehmen. „Wir freuen uns sehr, dass die KV Nordrhein so viele an einer Niederlassung Interessierte zu uns eingeladen hat und versuchen selber, einen Beitrag zur Sicherung der medizinischen Versorgung vor Ort zu leisten“, sagte Spreen. „Ärztinnen und Ärzte fehlen uns. Deshalb begrüßen wir die Initiative der KV sehr.“ Dass der Kreis Kleve auch ein ökonomisch und für Familien sehr attraktiver Standort ist, führte der Wirtschaftsförderer des Kreises, Hans-Josef Kuypers aus. Zahlreiche namhafte Unternehmen wie Katjes, Diebels oder Landgard hätten ihren Sitz in der Region. 2.800 Gewerbeanmeldungen pro Jahr zeugten zudem von einer guten Gründerkultur, so Kuypers. In den vergangenen zehn Jahren seien 20.000 Arbeitsplätze neu entstanden. Neue Ärztinnen und Ärzte und ihre Familien träfen entsprechend auf eine gute Infrastruktur von Bildungs-, Pflege- und Gesundheitseinrichtungen.
Christoph Gerwers, Bürgermeister der Stadt Rees, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Landpartie bei einer Stadtführung und warb ebenfalls für das Leben am Niederrhein. „Wir leben und arbeiten da, wo andere Urlaub machen. Unsere Infrastruktur ist sehr gut – und die Verbindung in die nahen Ballungsräume ebenfalls.“
Generationen im Gespräch
In ungezwungener Atmosphäre trafen schließlich abgabewillige Ärzte auf die suchenden Kolleginnen und Kollegen im Rahmen einer kleinen Praxisbörse. Die Niedergelassenen warben für den Arztberuf auf dem Land und stellten die Vorteile heraus, die sich mit der Übernahme einer etablierten Praxis verbinden. „Mein Nachfolger würde sich ins gemachte Nest setzen und gute Verdienstmöglichkeiten haben“, sagte etwa Meinard Klein-Walbeck, 65-jähriger Hausarzt und Palliativmediziner aus Geldern. Wie er berichteten die meisten der angereisten Praxisinhaber, ihre Praxis in den nächsten drei Jahren abgeben zu wollen.
Die durchweg positiven Erfahrungen mit dem neuen Veranstaltungsformat ist für die KV Nordrhein Anlass für weitere Informationsangebote in ländlichen Regionen, in denen die Sicherstellung der ambulanten Versorgung zu einer immer größeren Herausforderung wird. „Wir werden diese erfolgreiche Premiere als Vorlage für weitere vergleichbare Veranstaltungen in weiteren Regionen Nordrheins nutzen“, sagte Dr. Carsten König, stellvertretender Vorsitzender der KV Nordrhein.
Neue Webseite jetzt mit interaktiver Karte
Wenn es um Informationen zum Praxiseinstieg, zu Fördermöglichkeiten und regionalen Vorteilen einer Niederlassung in Nordrhein geht, ist das Internetportal „arzt-sein-in nordrhein.de“ seit Herbst 2018 die erste Adresse. Auf der Website der KV Nordrhein gibt es jetzt neue Funktionen, die das Auffinden freier Arztsitze in der hausärztlichen Versorgung weiter erleichtern. Mit wenigen Klicks gelangen Nutzer zu einer interaktiven Karte, in der Förderregionen, Planungsbereiche und Gemeinden in Nordrhein markiert sind, in denen Landärzte gesucht und Niederlassungen unterstützt werden. Man sieht auf einen Blick, in welchen Gebieten (sogenannten Mittelbereichen) freie Arztsitze angeboten werden und welche Bereiche gesperrt sind, freie Arztsitze also nur bei Ausschreibung belegt werden können. Ein Klick in die Karte genügt, um Informationen zum derzeitigen Versorgungsgrad in einer bestimmten Region und zur Anzahl freier Arztsitze zu erhalten. Ein Link führt direkt zur KV-Börse und zu den Niederlassungsberatern der KV Nordrhein. In den grau hinterlegten gesperrten Bereichen wird zusätzlich noch ein Link zu den ausgeschriebenen Vertragsarztsitzen angeboten.
Interessierte können sich auch gezielt die Förderregionen des Strukturfonds anzeigen lassen. Wer sich zum Beispiel für eine Niederlassung in Kleve interessiert, klickt in der Karte den Kreis Kleve an und erfährt sofort, wie viele geförderte Arztsitze dort derzeit verfügbar sind. Auch hier führen Verlinkungen zu weiteren Informationen, zum Beispiel aktuellen Fördermöglichkeiten durch den Strukturfonds. Wer sich zunächst über die Gegebenheiten vor Ort informieren möchte, aktiviert einfach das Kästchen „Gemeinden im Profil“. Hier stellen sich Städte und Gemeinden in Nordrhein mit ihrer Infrastruktur vor und nennen Ansprechpartner für Ärztinnen und Ärzte.
Dr. Heiko Schmitz leitet den Bereich Presse und Medien der KV Nordrhein.