von Christa Schalk *
In Nordrhein-Westfalen leben circa 3,7 Millionen Menschen im Alter ab 65 Jahren. Das entspricht etwa einem Fünftel der Bevölkerung. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko von kognitiven Einschränkungen und auch das Risiko, an Demenz zu erkranken: Während von den 65- bis 69-jährigen Menschen knapp zwei Prozent aufgrund einer Demenz behandelt werden, liegt der Anteil bei Menschen ab 85 Jahren bei über 30 Prozent. Darüber hinaus ist jeder fünfte ältere Mensch von einer anderen psychischen Erkrankung, am häufigsten Depressionen, betroffen.
Teilhabe und Selbstbestimmung
Angesichts der großen Zahl von Betroffenen stellt die Landesgesundheitskonferenz NRW (LGK) zunächst die Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung. Für Gesundheitsförderung, Prävention und Teilhabe kommt es auf den unmittelbar erreichbaren Nahraum an, in dem das tägliche Leben stattfindet, soziale Kontakte gepflegt und Integrationsprozesse gefördert werden können.
Als wesentliche Schlüssel für eine bedarfsgerechte Hilfestruktur werden das Zusammenwirken aller an der Versorgung beteiligter Akteure, die Einbindung Betroffener sowie Angehöriger und „Kümmerer“ angesehen.
Um Fortschritte zu erzielen, beabsichtigt die Landesregierung, die bisherigen zwölf „Demenz-Servicezentren“ zu zwölf regionalen „Servicestellen Alter und Pflege“ weiterzuentwickeln. So soll die Kompetenz der Landesinitiative Demenz-Service, von der bisher durch demenzielle Erkrankungen betroffene Menschen profitieren, zukünftig auch anderen durch Pflege- und Betreuungssituationen betroffenen Menschen und Institutionen zugutekommen.
Die LGK betont in ihrer Entschließung außerdem die Bedeutung der Selbstbestimmung von psychisch erkrankten älteren Menschen. Die dazu vorliegenden Empfehlungen (z. B. der Bundesärztekammer) sollen noch stärker bekannt gemacht und umgesetzt werden. Dies gilt auch für Möglichkeiten zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen. Außerdem sollen pflegende Angehörigen besser unterstützt und verstärkt einbezogen werden.
Frühzeitige Erkennung und vernetzte Versorgung
Die frühzeitige Erkennung, Diagnostik und adäquate Behandlung von psychischen Erkrankungen stellt bei älteren Patienten eine besondere Herausforderung dar. Weil diese Patientengruppe oft weniger stark sozial eingebunden ist, wird eine beginnende Depression, Sucht oder dementielle Entwicklung häufig nicht rechtzeitig durch das Umfeld erkannt. Gleichzeitig fällt es älteren Menschen mit psychischen Erkrankungen schwerer, von sich aus ärztliche Hilfe zu suchen.
Als Antwort auf diese Herausforderung beschreibt die LGK in ihrer aktuellen Entschließung ein kooperatives Versorgungssystem. Dabei spielten Hausärztinnen und Hausärzte eine besondere Rolle. Als erste Anlaufstelle in medizinischen Fragen können sie auf Basis der meist langjährigen Arzt–Patientenbeziehung Hinweise auf psychische Erkrankungen erkennen und eine angemessene Diagnostik einleiten.
Vor diesem Hintergrund fordert die LGK eine verbesserte Verzahnung der hausärztlichen, fachärztlichen und stationären Versorgungsstrukturen. Thematisiert werden in diesem Zusammenhang auch die Psychotherapie im Alter, die Bedeutung der Suchtbehandlung und die Vermeidung von Polypharmazie. Innovative Versorgungsmodelle sollen verstärkt erprobt werden. Die bestehenden geriatrischen Versorgungverbünde will die LGK zu geriatrisch-gerontopsychiatrischen Verbünden weiterentwickeln. Den Akutkrankenhäusern empfiehlt die LGK, konkrete Handlungskonzepte zur besseren Versorgung von Menschen mit Demenz umzusetzen.
Für fast alle angesprochenen Themenbereiche gibt es in Nordrhein-Westfalen erfolgreiche Beispiele und vorbildliche Aktivitäten. Um den Überblick zu erleichtern und zur Nachahmung anzuregen, listet ein ausführlicher Anhang zur Entschließung viele dieser Projekte auf. Kreative Initiativen sollen auch weiterhin mit dem Wettbewerb „Gesundheitspreis NRW“ bekannt gemacht und gefördert werden.
Internethinweis
Der vollständige Entschließungstext und die Anlage sind unter www.mags.nrw/landesgesundheitskonferenz abrufbar.