Auch wenn 1969 in Bonn Sozialdemokraten und CDU/CSU die Bundesrepublik in einer Großen Koalition regierten, so kamen die beiden Bundestagsfraktionen bei der Krankenversicherungsreform nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Das Rheinische Ärzteblatt stellte in seiner Ausgabe vom 8. April 1969 die beiden Gesetzesinitiativen vor, die die Fraktionen im März vor 50 Jahren getrennt in den Bundestag eingebracht hatten. Die SPD schlug vor, dass Arbeiter im Krankheitsfalle ihren Lohn weiterhin vom Arbeitgeber bekommen sollten. Daneben sollte die Beitragsobergrenze von 11 auf 8,5 Prozent gesenkt werden. Die Versicherungspflichtgrenze sollte von 900 auf 1.200 DM angehoben und die Beitragsbemessungs- von der Versicherungspflichtgrenze getrennt werden.
Im Gegensatz dazu sah der Gesetzentwurf der Unionsfraktion einheitlich 990 DM als Beitragsbemessungs- und Versicherungspflichtgrenze vor. Daneben wollten CDU und CSU die Rezeptgebühr auf zwei DM verdoppeln. Der Hauptversicherte sollte sich zudem mit drei Mark pro Tag an den Krankenhauspflegekosten beteiligen. Wer drei Krankenscheine pro Kalenderjahr nicht in Anspruch genommen hat, sollte pro Schein zehn Mark von seiner Krankenversicherung zurückbekommen. Weitgehend einig waren sich die Koalitionäre bei der Frage, welche Rolle bei der Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit zukünftig der Vertrauensärztliche Dienst der Krankenkassen spielen sollte. Das Rheinische Ärzteblatt erläuterte: Die vorgesehene Regelung entsprach der „Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten und entspricht vor allem den Wünschen der Sozialdemokraten.“