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Work-Life-Balance, nah am Patienten und selbstbestimmtes Arbeiten

31.01.2019 Seite 22
RAE Ausgabe 2/2019

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 2/2019

Seite 22

  • Hausmann über seine Praxistätigkeit: „Ich arbeite nicht weniger als im Krankenhaus, aber ich kann es so gestalten, wie ich mir das vorstelle.“ © KV Nordrhein/Malinka
  • Ihre Weiterbildung in der ländlichen Hausarztpraxis und ihr Familienleben bekommt Malzkorn unter einen Hut. © KV Nordrhein/Malinka
  • „Sich niederzulassen bedeutet für mich Flexibilität, Patientennähe und individuelles Arbeiten“, sagt Haaß. © KV Nordrhein/Malinka

Die Gründe, sich für die Niederlassung zu entscheiden, können vielfältig sein – ebenso die Wege dorthin. Auf der Webseite arzt-sein-in-nordrhein.de erzählen junge Ärztinnen und Ärzte ihre persönlichen Geschichten über den Praxiseinstieg. Bei der Entscheidung und auf dem folgenden Weg helfen Beratung zu beruflichen Möglichkeiten und finanzielle Förderung.

von Yvonne Klingebiel *

Die jungen Ärztinnen und Ärzte, die sich auf arzt-sein-in-nordrhein.de zeigen, sind sich einig, was die Vorteile einer Tätigkeit in der Arztpraxis sind: enge Arbeit am und mit dem Patienten, freies und eigenständiges Arbeiten sowie mehr Zeit für die Familie. So sieht Orthopäde und Unfallchirurg Dr. David Hausmann die geregelten Arbeitszeiten in seiner eigenen Praxis gegenüber den Klinikdiensten als Vorteil, „die Work-Life-Balance zu optimieren“. Er genießt die Mittagspause mit seiner Familie sowie freie Wochenenden. Diese Entspannung, das selbstbestimmte Arbeiten und die vollumfängliche Betreuung von Patienten lassen ihn „ein besserer Arzt“ sein.

Auch Ärztin in Weiterbildung Sonja Malzkorn zieht als Mutter die Praxistätigkeit in der hausärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) den Schichtdiensten in der Klinik vor. Sie hält die Arbeit in der ambulanten Versorgung für den stressfreisten Weg, um neben der eigenen Karriere auch eine Familie zu planen. Die Arbeit in der Praxis sei zudem sehr viel wertschätzender und freundlicher als im Klinikalltag. „Die Strukturen sind ganz anders, man hat mehr Zeit für seine Patienten und der Kontakt ist persönlicher.“ Allgemeinmediziner Dr. Sebastian Haaß, der in seinen drei Praxen im Umland von Aachen gleich mehrere Generationen einer Familie behandelt, bestätigt: „Das ist nicht nur aus familienmedizinischer Sicht spannend, es hilft auch im Arbeitsalltag. Und es macht einfach Freude, die Leute geben einem unheimlich viel zurück.“

Unterstützung auf dem Weg in die Praxis

Diese jungen Ärzte sind sich sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Viele zweifeln aber erst einmal, wohin der berufliche Weg führen soll oder ob die Niederlassung mit einer Einzelpraxis das richtige ist. Ihnen stehen verschiedene Wege in die ambulante Tätigkeit offen, bei denen man nicht ganz alleine bleiben muss: Hospitationen, die Weiterbildung in der Arztpraxis, eine BAG, Quereinstiege, Vertretungen oder eine Anstellung. Die Internistin Dr. Cristina Titire-Basalic hatte beispielsweise zunächst einige Wochen stundenweise bei einer niedergelassenen Kollegin in einer Hausarztpraxis im Kreis Kleve ausgeholfen. Dadurch konnte sie sich eine Anstellung dort sehr gut vorstellen und hat – ebenfalls Mutter von zwei Kindern – inzwischen ihren Dienst im Krankenhaus komplett beendet.

Zu den verschiedenen Möglichkeiten werden interessierte Ärzte von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) unverbindlich beraten. Haaß erzählt, er habe durch die sogenannten Praxislotsen der KVNO immer Unterstützung erfahren. Auch Hausmann wendet sich noch heute immer wieder mal an seine feste Ansprechpartnerin dort.

Unterstützung erhalten Ärzte auch, um den Schritt in die ambulante Versorgung zu finanzieren: Gerade in unterversorgten Gebieten werden verschiedene Wege in die Praxis gefördert. Denn – wie auch Haaß erkannt hat: „Die Menschen werden älter, nicht alle sind mobil. Wir brauchen Landärzte, man kann nicht alles mit irgendwelchen Zentren auffangen.“ Er selbst lebt in der Stadt und praktiziert auf dem Land: „Ich fahre 25 Minuten von Tür zu Tür, das ist eine adäquate Wegstrecke.“

* Yvonne Klingebiel ist Online-Redakteurin der KV Nordrhein.