Voraussetzung für die Bezeichnung als „Praxisklinik“ ist, dass dem Patienten die Möglichkeit zu einer auch nur vorübergehenden stationären Aufnahme angeboten wird. Ist dies nicht der Fall, dann ist die Angabe irreführend und damit unzulässig. Folge 109 der Reihe "Arzt und Recht"
Eine auf ambulante Behandlungen ausgerichtete Praxis, die ihren Patienten keine Möglichkeit zu einer auch nur vorübergehenden stationären Aufnahme anbietet, kann nicht als „Praxisklinik“ beworben werden. Dies bestätigte der BGH im Beschluss vom 17.10.2018 (AZ: I ZR 58/18).
Beklagter war ein Zahnarzt, der seine Praxis im Rahmen seines Internetauftritts mehrfach mit dem Hinweis „Die Praxisklinik“ bewarb, ohne dass dort eine stationäre Aufnahme möglich gewesen wäre. Der Kläger, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, ging dagegen vor, da die Bezeichnung irreführend sei und daher gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoße.
Operationsmöglichkeit nicht ausreichend
Erstinstanzlich hatte das Landgericht Essen noch entschieden, dass sich aus der Bezeichnung „Praxisklinik“ ebenso wie bei einer „Tagesklinik“ kein zwingender Schluss auf eine Übernachtungsmöglichkeit ergebe. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher würde die angegriffene Werbung dahingehend verstehen, dass der Arzt eine ambulante Einrichtung betreibt, was aus dem Begriff „Praxis“ folge, in der operative Eingriffe vorgenommen würden, was wiederum aus dem Begriff „Klinik“ folge.
Dieser Einschätzung hat die zweite Instanz, das Oberlandesgericht Hamm im Urteil vom 27.02.2018 (AZ: 4 U 161/17) eine Absage erteilt. Ein Verbraucher erwarte, dass die vorgehaltene medizinische Versorgung einer „Praxisklinik“ über das Angebot einer reinen Praxis hinausgehe. Denn nur so sei die Bezeichnung „Klinik“ überhaupt gerechtfertigt. Mit der Begrifflichkeit „Klinik“ erwecke der Arzt den Eindruck, er betreibe eine solche. Nach dem Sprachverständnis eines Verbrauchers sei das zweite Glied der Begrifflichkeit bestimmend, die „Praxisklinik“ daher eben auch eine Klinik. Dabei stehe der Begriff der Klinik als „Synonym“ für „Krankenhaus“ und assoziiere neben operativen Eingriffen auch eine stationäre Behandlung. Die Bezeichnung als „Praxis“ führe nur dazu, dass der Verbraucher nicht mit einer mehrtägigen stationären Unterbringung rechne, sondern eine solche als Ausnahme ansehe. Dass aber im Bedarfsfall eine vorübergehende stationäre Aufnahme angeboten werde, stelle für den Patienten ein zusätzliches Angebot dar und eben mit diesem Angebot präsentiere sich die Praxis als vorzugswürdige Alternative zu rein ambulanten Praxen und erwägenswerte Alternative zur Klinik im eigentlichen Sinne.
Der Bundesgerichtshof wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Arztes gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts zurück und bestätigte die Entscheidung, dass der Verbraucher zumindest die erforderliche Einrichtung für eine vorübergehende stationäre Aufnahme über Nacht erwarte, auch wenn diese nur im Ausnahmefall notwendig wäre.
Auch „Augenklinik“ setzt Möglichkeit der stationären Aufnahme voraus
Bereits am 09.09.2008 entschied das OLG Düsseldorf (AZ: I-20 U 168/07), dass die Bezeichnung einer Augenarztpraxis als „Augenklinik“ dann irreführend ist, wenn die Praxis über keine Möglichkeit stationärer Behandlung von Patienten verfüge. Die Verwendung des Begriffes „Klinik“ setze gerade die Möglichkeit einer stationären Aufnahme voraus. Die angesprochenen Verkehrskreise würden über die tatsächlichen Verhältnisse, unter denen der Arzt praktiziere, getäuscht.
Begriff der „Klinik“
Die Urteile entwickeln die Rechtsprechung zur Bezeichnung „Klinik“ weiter, nach der nach dem allgemeinen Verständnis des Verkehrs der Begriff „Klinik“ als gleichbedeutend mit dem Begriff des Krankenhauses anzusehen sei (BGH, Urteil vom 07.06.1996, Az.: I ZR 103/94). Mit dem Begriff „Krankenhaus“ wiederum verbinde der Patient die Vorstellung stationärer Unterbringung für Heilung und Pflege.
Für eine Klinik ist darüber hinaus eine gewisse personelle und apparative Mindestausstattung erforderlich (Urteil vom 25.01.1991, Az.: 2 U 126/90).
Externe Unterbringungsmöglichkeit genügt nicht
Ein Belegarzt verstößt gegen das Gesetz zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, wenn er seine Niederlassung „Klinik“ nennt. Dies gilt selbst dann, wenn die stationäre Betreuung in dem Belegkrankenhaus in unmittelbarer Nachbarschaft des sogenannten Arztgebäudes durchgeführt werden kann und die Patienten vor dem Beginn der Behandlung in dem Belegkrankenhaus aufgenommen werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 22.08.1974, Az.: 6 U 39/74.) Dadurch würde der unzutreffende Eindruck erweckt werden als gehöre die „Klinik“ dem Arzt und unterstehe seiner Leistung.