Weiterführende Informationen und Differentialdiagnostik zur Zertifizierten Kasuistik "Rezidivierende krampfartige Unterbauchschmerzen und eitrige Diarrhoe"
von Anna Döser
Inhaltsübersicht
Risikofaktoren bei Turboovarialabszess
Therapie des Tuboovarialabszesses
Erläuterung zum Verlauf der in der Kasuistik geschilderten Patientin
In der vorliegenden Kasuistik handelt es sich um die Diagnose eines Tuboovarialabszesses.
Risikofaktoren bei Tubooavarialabszess
Eine Adnexitis entsteht in der Regel auf dem Boden einer aszendierenden Infektion, welche den Uterus, die Tubae uterinae und umliegende Strukturen betrifft.
Tuboovarialabszesse sind meist Komplikation einer vorausgehenden Adnexitis (etwa 10-15% der Adnexitiden stationär therapierter Patientinnen). Einem Tuboovarialabszess kann jedoch auch eine nicht-gynäkologische Ursache (wie etwa Divertikulitis, Appendizitis, chronisch inflammatorische Darmerkrankung) zugrunde liegen. In der Risikogruppe befinden sich vornehmlich Patientinnen der dritten und vierten Lebensdekade. Bei entsprechender Klinik sollte jedoch auch in postmenopausalen Patientengruppen ein Tuboovarialabszess differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Hier können Tuboovarialabszesse auch mit gynäkologischen Malignomen assoziiert sein.
Die Risikofaktoren entsprechen den Risikofaktoren bei Adnexitis: multiple Geschlechtspartner, Immunsuppression, Vorgeschichte einer Adnexitis und liegendes Intrauterinpessar [1–3]. Die häufigsten Erreger, welche aus Tuboovarialabszessen isoliert werden sind E. coli, Bacteroides fragilis, Bacteroides species, Peptostreptokokken, Peptokokken und Streptokokken. Insbesondere E. coli wird häufig bei Patientinnen mit rupturiertem Tuboovarialabszess isoliert und ist eine häufige Ursache für eine gram-negative Sepsis [4]. Tuboovarialabszesse bei Patientinnen mit liegendem Intrauterinpessar sind mit einer gehäuften Inzidenz von Actinomyces israelii assoziiert [5]. Genitaltuberkulose findet sich heutzutage nur in Einzelfällen. Daher lässt sich Mycobacterium tuberculosis selten nachweisen.
Klinik und Diagnose
Patientinnen mit Tuboovarialabszess stellen sich in der Regel mit Unterbauchschmerzen mit oder ohne Fieber bis hin zum akutem Abdomen vor. Bei einigen Patientinnen kann eine Adnexitis vorausgehen. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Klinisch zeigt sich häufig vaginaler putrider Fluor, abdominal imponiert ein Druckschmerz bei bereits vorliegender Peritonitis mit Abwehrspannung. Bei der bimanuellen Palpation ist eine druckdolente Raumforderung tastbar mit Portioschiebeschmerz. Sonographisch zeigt sich ein begrenzter Flüssigkeitsverhalt mit oder ohne Septen im Adnexbereich. Freie Flüssigkeit im Douglasraum kann auf eine Perforation des Abszesses hindeuten. Bei Komprimierung des harnableitenden Systems ist möglicherweise eine Dilatation des Nierenkelchsystems zu sehen. Laborchemisch kann eine Leukozytose imponieren, die jedoch nicht obligat ist, sowie ein moderat erhöhtes C-reaktives Protein. Eine CT- Diagnostik, wie sie bei der Patientin durchgeführt wurde, kann die Differenzierung zu einem gastrointestinalen Geschehen unterstützen (siehe unten).
Die akute Adnexitis kann mit einer Perihepatitis (Fitz-Hugh-Curtis-Syndrom) assoziiert sein, mit oftmals normwertigen hepatischen Transaminasen.
Abbildung: Die Computertomographie des Abdomens zeigt einen abgekapselten 10 x 7,9 x 4,4 cm großen Flüssigkeitsverhalt im Douglasraum (Foto: Radiologische Klinik des Universitätsklinikums Bonn).
Therapie des Tuboovarialabszesses
Die Mehrzahl der Tuboovarialabszesse spricht gut auf eine intravenöse Therapie mit Breitbandantibiotika an, die frühzeitig begonnen werden sollte: Antibiotika sollten das oben beschriebene Keimspektrum inklusive Bacteroides fragilis, Peptostreptokokken, gram-negative Aerobier, Chlamydia trachomatis und Neisseria gonorrhoeae erfassen und die Abszessmembran penetrieren, wie ein Triple-Kombinationsregime aus Clindamycin, Gentamicin und Ampicillin.
Insbesondere bei ausgeprägter Klinik, großem Tuboovarialabszess, symptomatischer Konglomeratbildung mit anhängen-den Nachbarstrukturen und V.a. Ruptur sollte eine chirurgische Therapie durchgeführt werden.[1] Das operative Spektrum umfasst laparoskopische Eingriffe unter Umständen mit Salpingotomie, Salpingektomie oder Adnektomie [6] bis hin zu Quer- oder Längslaparotomie mit Hysterektomie und bilateraler Salpingoophorektomie bei ausgeprägten Befunden mit Konglomeratbildung, urologische Interventionen mit Ureterolyse und Stenteinlage können erforderlich werden. Darmresektionen bei Beteiligung des Rektosigmoids sind selten. Bei allen diesen Vorgehensweisen ist die Platzierung von großlumigen Drainagen wesentlich. Bei einer Adnexitis zeigen sich laparoskopisch meist morphologische makro-skopische Veränderungen wie etwa
- tubares Erythem,
- Ödem der Tubae uterinae,
- Adhäsionen und
- abnorme Fimbrien.
Erläuterung zum Verlauf der in der Kasuistik geschilderten Patientin
Die prämenopausale Patientin stellte sich in der internistischen Notaufnahme mit einer seit mehreren Wochen bestehenden abdominalen Schmerzsymptomatik mit eitrigen Stühlen vor. Die Symptome waren erstmalig wenige Wochen zuvor während eines Auslandsaufenthaltes in Indien und Bangladesch aufgetreten. In der Abdominalsonographie wurde der Verdacht auf ein Abszessgeschehen gestellt, so dass eine weiterführende Computertomographie durchgeführt wurde. Hier zeigte sich ein großer Flüssigkeitsverhalt im Douglasraum DD entzündlicher Prozess ausgehend vom Zökalpol DD Tuboovarialabszess, woraufhin die Patientin konsiliarisch in der Frauenklinik vorgestellt wurde.
Es zeigte sich eine ausgeprägte Abwehrspannung mit druckdolentem Unterbauchtumor bei transvaginalsonographischem Korrelat für einen Tuboovarialabszess, übereinstimmtend mit dem computertomographischen Befund. Aufgrund des akuten Krankheitsbildes mit akutem Abdomen und des ausgedehnten CT-morphologischen Befundes war die subumbilikale explorative Längslaparotomie indiziert. Intraoperativ zeigte sich eine ausgeprägte 4-Quadrantenperitonitis. Bei ausgedehntem Konglomeratbefund des Tuboovarialabszesses mit Einbeziehung sowohl des Uterus als auch der Adnexen erfolgte die Hysterektomie und Adnektomie beidseits sowie bei V.a. Perforation die Appendektomie.
Die Bauchdecke ließ sich bei Ödem und Flüssigkeitsretention nicht primär verschließen, so dass zunächst eine Netzeinlage mit anschließender etappenweiser Raffung und Lavage des Bauchraumes durchgeführt wurde. Der histopathologische Befund zeigte eine eitrig abszedierende Adnexitis, einem Tubovarialabszess entsprechend, mit Ausbildung einer floride fibrinösen Serositis rechts sowie eine am ehesten durch den Tuboovarialabszess verursachte Appendizitis (Appendizitis ad externa) mit Peritonitis.
Perioperativ erfolgte eine Breitband-Antibiose mit Piperacillin/Tazobactam. Der weitere postoperative Verlauf gestaltete sich unauffällig. Postoperativ wurde mit einer dermalen Östrogensubstitution begonnen.
Literatur
- Granberg, S., Gjelland, K. & Ekerhovd, E. The management of pelvic abscess. Best Pract. Res. Clin. Obstet. Gynaecol.23, 667–678 (2009).
- Hubacher, D. Intrauterine devices & infection: review of the literature. Indian J. Med. Res.140 Suppl, S53–57 (2014).
- Shelton, J. D. Risk of clinical pelvic inflammatory disease attributable to an intrauterine device. Lancet357, 443 (2001).
- Chappell, C. A. & Wiesenfeld, H. C. Pathogenesis, diagnosis, and management of severe pelvic inflammatory disease and tuboovarian abscess. Clin. Obstet. Gynecol.55, 893–903 (2012).
- Mirhashemi, R., Schoell, W. M., Estape, R., Angioli, R. & Averette, H. E. Trends in the management of pelvic abscesses. J. Am. Coll. Surg.188, 567–572 (1999).
- Rosen, M., Breitkopf, D. & Waud, K. Tubo-ovarian abscess management options for women who desire fertility. Obstet. Gynecol. Surv.64, 681–689 (2009).