Rund 2.000 Ärztinnen und Ärzte engagieren sich neben ihrer Arbeit in Klinik oder Praxis ehrenamtlich in den Gremien der Ärztekammer Nordrhein. Ob als Prüfer, Patenärztin in der Grundschule, Begutachter klinischer Prüfungen oder Berufspolitikerin – die Kammer bietet eine Vielfalt an Möglichkeiten, um sich einzubringen. An dieser Stelle berichten Ärztinnen und Ärzte, was sie an ihrem Ehrenamt begeistert und warum sich das Engagement lohnt.
von Marc Strohm
Für die ärztliche Selbstverwaltung ist das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitglieder unverzichtbar. Denn wichtige Weichenstellungen für den Beruf können die Ärztinnen und Ärzte im Auftrag des Gesetzgebers selbst übernehmen. So entscheidet die Kammerversammlung, bestehend aus 121 gewählten Mitgliedern, über die Berufs- und Weiterbildungsordnung ebenso wie über die Altersversorgung. Vor der Ärztekammer werden Facharzt-, Fachsprach- und Prüfungen der Medizinischen Fachangestellten abgenommen und zahlreiche Ausschüsse beraten den Vorstand. 2.000 ehrenamtlich tätige Ärztinnen und Ärzte sorgen zurzeit dafür, dass die Kammer ihre Aufgaben gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, aber auch gegenüber den Patienten erfüllen kann.
„Eine Facharztprüfung ist voller Emotionen.“
Rund 3.000 Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatz-Weiterbildungsprüfungen legen Ärztinnen und Ärzte jährlich vor der Ärztekammer Nordrhein ab. Dr. Andreas Grundmeier ist einer der ehrenamtlich tätigen Facharztprüfer, die dabei seit Jahren regelmäßig zum Einsatz kommen. Der stellvertretende Ärztliche Direktor und Klinikdirektor der KEM | Evangelischen Kliniken Essen-Mitte hat selbst zahlreiche Prüfungen bei der Kammer abgelegt, unter anderem die Facharztprüfung in der Inneren Medizin und Kardiologie. Diese Prüfungserfahrungen weckten in ihm den Wunsch, eigene Impulse zu setzen. Grundmeier legt Wert darauf, dass die Facharztprüfung „alltagstauglich“ ist. Für das Prüfungsgespräch sammelt er Fälle aus dem Krankenhausalltag, scannt Echokardiografien, EKGs und Sonografien ein, die er den Prüfungskandidaten digital zur Verfügung stellt. Nervöse Kandidatinnen und Kandidaten versucht er, mit besonderem Fingerspitzengefühl durch das 30-minütige Fachgespräch zu leiten. Wichtig ist ihm, dass die angehenden Fachärzte Diagnose- und Therapieentscheidungen nachvollziehbar und leitliniengerecht präsentieren. „Am liebsten prüfe ich das Fach Notfallmedizin. Das packt mich am meisten“, sagt Grundmeier.
„Die Beherrschung der deutschen Sprache ist von essenzieller Bedeutung für die Ausübung des Arztberufes.“
Dr. Birgitta Sadra, Fachärztin für Anästhesie, Innere Medizin und Kardiologie, nimmt seit zwei Jahren ehrenamtlich vor der Ärztekammer Nordrhein Fachsprachprüfungen ab. Ausländische Ärztinnen und Ärzte müssen dort Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift nachweisen, ohne die die vielschichtigen Kommunikationsanforderungen im Arztberuf nicht erfüllt werden können, so Sadra. Für sie ist das ganz klar auch ein Beitrag zur Patientensicherheit. „Im medizinischen Alltag ist die Sprache das wichtigste Instrument für die Verständigung mit Patienten, Angehörigen und Kollegen.“ In der Fachsprachprüfung wird eine klinische Situation nachgestellt. Zuerst befragt der Kandidat einen von einem Schauspieler dargestellten Patienten und fertigt einen schriftlichen Anamnesebogen an. Dann folgt ein kollegiales Fachgespräch, bei dem die Prüfer den meist angespannten Kandidaten zum freien Reden zu bringen versuchen. „Je sicherer die Ärztinnen und Ärzte im Umgang mit der deutschen Sprache sind, desto mehr Spaß macht mir die Sache“, betont Sadra.
„Für Prävention ist es nie zu früh.“
Fiona Sommer ist seit 16 Jahren Patenärztin im Programm Gesund macht Schule, das sich die Gesundheitsförderung in der Grundschule zum Ziel gesetzt hat. Die Patenärztinnen und -ärzte spielen dabei eine Schlüsselrolle, denn sie unterstützen als externe Fachleute die Lehrkräfte bei der Unterrichtsgestaltung und der Elternarbeit. Sommer steht inzwischen sieben Grundschulen im Kreis Heinsberg mit Rat und Tat zur Seite. „Prävention kann nicht früh genug beginnen“, begründet sie ihr ehrenamtliches Engagement in den Grundschulen. Ein wichtiges Anliegen ist für Sommer die Aufklärung über die gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens. Ausgerüstet mit der Puppe „Smokey Sue“ veranschaulicht sie den Schülerinnen und Schülern, wie viele Schadstoffe durch eine einzige Zigarette in die Lunge gelangen. „Die Kinder verstehen schnell, wie schädlich das Rauchen ist und welche Erkrankungen in der Folge auftreten können“, sagt Sommer. An dem Präventionsprogramm schätzt die engagierte Ärztin, dass es ihr einen großen Gestaltungsspielraum lässt. Ärztinnen und Ärzte, die Interesse an einer Schulpatenschaft haben, empfiehlt Sommer eine „Schnupperstunde“ mit einem erfahrenen Patenarzt.
„MFA-Prüfung: „Ich freue mich über fachliches Wissen und empathisches Verhalten.“
Ohne gut qualifizierte Medizinische Fachangestellte (MFA) funktioniert die beste Praxis nicht. Anja Mühlinghaus engagiert sich seit rund 20 Jahren als Prüferin bei den praktischen Abschlussprüfungen der angehenden MFA. Während der Prüfungen, die als Rollenspiel durchgeführt werden, schlüpft sie in die Rolle der Patientin, der die angehenden MFA beispielsweise Verbände anlegen oder den Blutdruck messen müssen. Auch eine Situation bei der Anmeldung wird in der Regel simuliert, die ebenfalls einen Beitrag zur Patientensicherheit leistet, wie Mühlinghaus betont. „Wenn eine MFA beispielsweise einen Patienten mit Atemnot ins Wartezimmer setzt, kann das ja fatal enden“, so die Ärztin. Sie freut sich, wenn die Prüfungskandidatinnen und Prüfungskandidaten nicht nur mit fachlichem Wissen überzeugen, sondern wenn diese den Patientinnen und Patienten gegenüber auch besonders empathisch und zugewandt sind.
„Schutz von Probanden im Fokus“
Professor Dr. Kurt Racké ist seit 2014 Vorsitzender der Ethik-Kommission bei der Ärztekammer Nordrhein. Das interdisziplinär besetzte Gremium entscheidet mit darüber, ob klinische Studien aus ethischer und rechtlicher Sicht einwandfrei sind und damit durchgeführt werden dürfen. „Die Sicherheit der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer ist die Hauptmotivation für meine ehrenamtliche Tätigkeit in der Kommission“, erklärt der Pharmakologe. Als Vorsitzender moderiert Racké unter anderem die Kommissionssitzungen, bei denen die Mitglieder über die eingegangenen Forschungsanträge beraten. Richtschnur sei dabei die Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes. Neben der Nutzen-Risiko-Bewertung sowie der wissenschaftlichen Fundiertheit der Studie prüfen die Mitglieder der Ethik-Kommission auch die Angemessenheit der Aufklärung und Einwilligung der Probanden. Dabei schätzt Racké den Dialog mit den anderen Expertinnen und Experten aus den verschiedensten Fachrichtungen. „Bei meiner Tätigkeit in der Ethik-Kommission werde ich mit der gesamten Bandbreite medizinischer Forschung konfrontiert und bin so immer auf dem neuesten Stand“, wirbt er für sein Engagement.
„Mit Geduld lässt sich berufspolitisch eine Menge bewegen.“
Dr. Christiane Groß gehört zu den Urgesteinen der ärztlichen Berufspolitik in Nordrhein. Ihr Engagement begann vor 25 Jahren im Vorstand der Kreisstelle Wuppertal, wo sie später in eigener Praxis als Psychotherapeutin niedergelassen war. 2001 wurde sie in die Kammerversammlung gewählt. Seit fast 20 Jahren ist Groß – mit einer kurzen Unterbrechung – zudem für die Fraktion Marburger Bund Mitglied im Vorstand der Ärztekammer Nordrhein. Als Herzensangelegenheit bezeichnet sie die Stärkung der ärztlichen Psychotherapie. Aber auch für die Rechte von Ärztinnen hat sich die jetzige Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes stets eingesetzt. „Wir haben es erreicht, dass die ärztliche Weiterbildung ganz im Sinne junger Eltern zeitlich wesentlich flexibilisiert wurde und beispielsweise Abschnitte von drei Monaten oder Teilzeit mit zwölf Stunden pro Woche möglich sind“, sagt Groß. Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt ihres berufspolitischen Engagements ist das Thema Digitalisierung, das sie als langjährige Vorsitzende des Ausschusses E-Health und auch mit der Gründung des „Ärztlichen Beirates Digitalisierung NRW“ wesentlich mitgeprägt hat. Dabei bedauert sie, dass die ärztliche Perspektive von den gesundheitspolitisch Verantwortlichen bislang nur unzureichend wahrgenommen wird. Nach 25 Jahren stellt sich Groß bei den diesjährigen Kammerwahlen nicht mehr zur Wahl. „Ich wünsche mir, dass die Jungen – Frauen und Männer – aufrücken und Einfluss auf ihre zukünftige Berufsausübung nehmen“, sagt sie.
„Selbst Vorgaben gestalten, statt diese übergestülpt zu bekommen.“
Dr. Arnold Schüller ist schon länger nicht mehr berufspolitisch aktiv, wirbt aber noch immer mit Leidenschaft für das Ehrenamt in der Ärztekammer Nordrhein. Sein Engagement begann im Jahr 1989: damals stellte er sich mit einer eigenen Liste zur Kammerwahl und rückte auf Anhieb in den Vorstand auf, von 1993 bis 2009 war er sogar Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein. „Mir war immer wichtig, dass wir als Ärzteschaft die Inhalte unseres Berufes selbst bestimmen“, sagt Schüller noch heute. Dafür warb er auch während seiner Amtszeit auf zahlreichen kammereigenen Veranstaltungen wie dem Beratungstag für neue Kammermitglieder. Das ärztliche Fortbildungswesen und die Prävention waren wichtige berufspolitische Themen für den Internisten. Das unter seinem Vorsitz im Ausschuss „Prävention und Gesundheitsberatung“ ins Leben gerufene Präventionsprogramm Gesund macht Schule fördert bis heute die Gesundheitskompetenz von Grundschülerinnen und -schülern. Daneben initiierte Schüller Projekte wie das „Bündnis gegen Depression“ oder das Sturzpräventionsprogramm „Sicher und mobil im Alter.“ Eine Baustelle bis heute blieb dagegen die Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte, bedauert Schüller. Dennoch könne er den Ärztinnen und Ärzten nur wärmstens empfehlen, ihre Ideen zur Verbesserung des ärztlichen Arbeitsumfeldes im Ehrenamt einzubringen. „Die Ärztekammer regelt die Normen der ärztlichen Berufsausübung. Wer berufspolitisch engagiert ist, leistet seinen Beitrag, um diese Normen zu schaffen. Wer sich nicht engagiert, bekommt diese Normen übergestülpt“, so Schüller.
Ihr Ehrenamt bei der Ärztekammer Nordrhein
Sie möchten sich ehrenamtlich bei der Ärztekammer Nordrhein engagieren?
Anfragen zur Hospitation bei Facharzt-, Zusatz,- und Schwerpunktprüfungen richten Sie an Claudia Hufschmidt, wbpruef(at)aekno.de.
Fragen zur Hospitation in einem Prüfungsausschuss für Medizinische Fachangestellte beantwortet Cornelia Grün, 0211 4302-2401, Cornelia.Gruen(at)aekno.de
Ansprechpartnerin für eine Unterrichtshospitation bei Gesund macht Schule in der Ärztekammer Nordrhein ist Snezana Marijan, 0211 4302-2031, snezana.marijan(at)aekno.de.
Ärztinnen und Ärzte, die für die Ethik-Kommission tätig werden wollen, können sich an Sabine Lottner wenden: ethik(at)aekno.de, 0211 4302 -2272.
Fragen rund um die Kammerwahl 2024 beantwortet das Wahlteam:
Leitung Kammerwahlen
Dipl.-Biol. Christa Schalk, MPH 0211 4302-2110
Tanja Stöver, B. A. 0211 4302-2140
kammerwahlen(at)aekno.de
Weitere Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements finden Sie unter: https://www.aekno.de/aerztekammer/ehrenamt