Die erste Ausgabe des Jahres 1973 des Rheinischen Ärzteblattes wartete auf der ersten Seite mit einer Neuerung auf. Der damalige Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Dr. Friedrich-Wilhelm Koch, richtete einen berufspolitischen Neujahrsgruß direkt an die Kammermitglieder. Er beschwor diese in Abwehr zusammenzustehen, falls die Politik versuchen sollte, „die Freiheit des Arztes, die auch die Freiheit des Patienten ist, anzutasten.“ „Alle inzwischen mehr als 19.000 Mitglieder unserer Ärztekammer zu dieser Einheit im politischen Wollen aufzurufen, sei ein Anliegen dieser Zeilen“, schrieb der Präsident.
Der Hintergrund des eindringlichen Neujahrsgrußes war der deutliche Wahlsieg der sozial-liberalen Koalition Mitte November 1972. Die Diskussion um die zukünftige Ausrichtung des deutschen Gesundheitssystems wurde dadurch neu entfacht. In Bonn müsse die Entscheidung getroffen werden, „ob man unser bisheriges System einer individuellen gesundheitlichen Betreuung der Mitbürger erhalten und der Entwicklung sinnvoll anpassen oder ob man stattdessen den Forderungen weltfremder ideologischer Eiferer zu einer ‚Systemüberwindung’ folgen will.“ Der Wahlsieg habe „einige dieser Eiferer übermütig und siegessicher gemacht“. Hier gelte es als Ärzteschaft, aufmerksam zu bleiben und den Kurs der Gesprächsbereitschaft zur sinnvollen Weiterentwicklung aufrechtzuerhalten und Bestrebungen zur Systemänderung hin zu einer „entpersönlichten, institutionalisierten oder gar verstaatlichten Medizin“ entschieden entgegenzutreten, so Koch.
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