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"Glück ist da, wo meine Familie ist"

29.03.2019 Seite 14
RAE Ausgabe 4/2019

Rheinisches Ärzteblatt

Heft 4/2019

Seite 14

  • Der Auszug aus dem Kinder-Glücksbuch verdeutlicht, dass Kinder das Glück mit einprägsamen Glücksbotschaften vervielfältigen und mit anderen teilen wollen. Gestaltung des Kinder-Glücksbuches: Tina Ennen. © Ärztekammer Nordrhein / Tina Ennen
  • Im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf stellten Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein (3.v.r.), und Rolf Buchwitz, stellvertretender Vorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg (4.v.r.), das Kinder-Glücksbuch von Gesund macht Schule vor, das im Rahmen eines Schulwettbewerbes entstanden ist. Dr. Raphaela Schöfmann, Gesund macht Schule-Patenärztin an der Leoschule in Neuss (1.v.l.), Petra Weisweiler, Schulleiterin der KGS Arche Noah in Grevenbroich (1.v.r.) und ihre Kollegin Beate Hoffmann (2.v.r.) berichteten, wie sich ihre Schülerinnen und Schüler mit dem Thema Glück auseinandergesetzt haben. © Michael Ganter

39 Grundschulen und damit rund 1.600 Schulkinder haben an dem Wettbewerb „Glück – was ist das?!“ im Rahmen des Präventionsprogramms Gesund macht Schule, von der Ärztekammer Nordrhein und der AOK Rheinland/Hamburg, teilgenommen. Aus den eingegangenen Beiträgen ist jetzt ein „Kinder-Glücks-buch“ entstanden, das auf vielfältige Art und Weise beschreibt, was Kinder mit Glück in Verbindung bringen.

von Michael Ganter

Glück und Gesundheit sind für Eltern die wohl wichtigsten Dinge, die sie sich für ihre Kinder erhoffen und die sie auf ihrem Lebensweg begleiten sollen. Darunter zählen die Unbeschwertheit sowie das Gefühl, das Leben mit Leichtigkeit und einer selbstbewussten und positiven Haltung zu gestalten. „Glück und Gesundheit sind untrennbar miteinander verbunden, denn aus Studien wissen wir, dass das Wahrnehmen, Erleben und Teilen von Glück langfristig das Selbstvertrauen, die Gesundheit und die innere Stärke von Menschen steigern kann“, sagte Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Doch dass das Empfinden und Erleben von Glück für Kinder keine Selbstverständlichkeit ist, zeigen aktuelle Zahlen der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland 2018 (KiGGS Studie). Über 16 Prozent der Kinder und Jugendlichen weisen nach Elternangaben psychische Auffälligkeiten auf. Darunter sind besonders Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status betroffen. Aus Krankenkassendaten geht hervor, dass über ein Drittel der Schülerinnen und Schüler häufig unter Stresssymptomen leidet. Die AOK Familienstudie von 2018 zeigt, dass fast jedes fünfte Kind mit Einschlafproblemen zu kämpfen hat. Jede zehnte Familie berichtet, dass ihre Kinder nahezu jede Woche oder sogar häufiger Bauchschmerzen haben. Die genannten Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von digitaler Reizüberflutung über Leistungsdruck durch Schule und Eltern, bis hin zu Versagensängsten und Mobbing in der Schule und in den sozialen Netzwerken. Für Kinder und Jugendliche haben psychische Störungen einen erheblichen Einfluss auf die weitere Entwicklung, oft bis ins Erwachsenenalter hinein, was die Lebensqualität, die Leistungsfähigkeit und die sozialen Chancen und Beziehungen betrifft. Um hier frühzeitig gegenzusteuern sei es, laut Henke, wichtig, Kindern und deren Familien wo nötig Wege zur medizinischen wie psychosozialen Versorgung aufzuzeigen und gleichzeitig schulische Präventionsprogramme anzubieten, die auf die Stärkung persönlicher Ressourcen angelegt sind.

GlücksWettbewerb ausgeschrieben

Die Initiatoren von Gesund macht Schule nahmen die Daten zur Kindergesundheit zum Anlass, neben der Bewegungs- und Ernährungsförderung nun auch die Förderung der seelischen Gesundheit in den Fokus zu rücken. „Auch wenn schulische Präventionsprogramme in ihren Effekten limitiert sind, zeigen Daten aus international evaluierten Programmen, dass beispielsweise durch die Stärkung von Klassengemeinschaften und durch die Förderung eines positiven Schulklimas emotionale Belastungsfaktoren bei Kindern gesenkt werden können“, führte Henke aus. So wurde für das Schuljahr 2017/2018 die Auseinandersetzung mit dem Thema „Glück“ zum Gegenstand des Unterrichts und der Schulwettbewerb „Glück – was ist das?!“ wurde ausgeschrieben.

Kinder und Lehrkräfte wurden ermutigt, sich gemeinsam auf Glückssuche zu begeben und sich ideenreich und kreativ mit dem Thema auseinanderzusetzen und den Fragen nachzugehen: Was macht mich glücklich? Was macht andere glücklich? Und wie fühlt sich Glück an? 39 Grundschulen sind dem Aufruf gefolgt und haben sich auf sehr unterschiedliche Art und Weise mit dem „Glück“ beschäftigt und zahlreiche sowie spannende Beiträge eingereicht. Es wurden unter anderem Theaterstücke gespielt, Tänze aufgeführt, Filme gedreht, Glücksboards erstellt, Interviews mit Eltern und Klassenkameraden geführt und Glückskalender gestaltet. Manche Kinder wurden zu sogenannten „Glücks-Coaches“ ausgebildet, die das Glück in den Schulalltag tragen und für ein gutes und soziales Miteinander sorgen.

Glück lässt sich teilen

Um das Glück mit anderen teilen zu können, wurden selbstgebastelte Glücksbringer als „Glück to go“ an ein Altersheim, an den Hausmeister oder an die eigenen Familien verschenkt. Der Ausschuss Prävention und Gesundheitsberatung der Ärztekammer Nordrhein hat den Glückswettbewerb von der Ausschreibung bis zur Drucklegung des Kinder-Glücksbuchs eng begleitet. Für den Vorsitzenden des Ausschusses Prävention und Gesundheitsberatung der Ärztekammer Nordrhein, Dr. Oliver Funken, blieb nach der Begutachtung aller eingereichten Beiträge insbesondere die Botschaft im Gedächtnis, dass das Teilen von Glück Kinder glücklich macht, ganz im Sinne von Albert Schweitzer, der einmal sagte: „Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt!“ Aus diesem Grund hat die Jury am Wettbewerbsende einvernehmlich entschieden, nicht nur drei Beiträge zu honorieren, wie ursprünglich vorgesehen, sondern gleich 14 Beiträge mit Preisen zu belohnen.

Zeit mit der Familie und Freunden

„Glück ist da, wo meine Familie ist, Glück ist da, wo meine Freunde sind, Glück ist da, wo ich mich wohlfühle“, schrieb eine Schülerin aus der KGS I Grundschule in Kempen. Nach Auswertung der eingegangenen Beiträge ist für Kinder das größte Glücksgefühl, wenn sie Zeit mit ihren Familien verbringen. An zweiter Stelle stehen Freunde und gemeinsame Aktivitäten mit anderen Schulkameraden. Mitspielen dürfen, dabei sein können, keine Ausgrenzung zu erfahren ist für ganz viele Kinder ein zentrales Anliegen, ähnlich zu den gezeigten Glücksbotschaften auf der vorherigen Seite. An dritter Stelle stehen für Kinder Haustiere oder Naturerlebnisse. Der materielle Besitz wie Spielsachen oder elektronische Geräte steht für sie erst an vierter Stelle. „Kindern geht es nicht um die tollen Events, sondern um gemeinsam verbrachte Beziehungs-Zeit mit den Eltern“, interpretierte Henke die Ergebnisse.

Das Präventionsprogramm Gesund macht Schule

Das Programm Gesund macht Schule von der Ärztekammer Nordrhein und der AOK Rheinland/Hamburg ist ein Angebot in der Lebenswelt Grundschule. Es fördert die Zusammenarbeit von Schule, Schülern, Ärzten und Eltern im Bereich der Kindergesundheit und verfolgt die

  • Förderung eines gesundheitsbewussten Ernährungs- und Bewegungsverhaltens in Schule, Elternhaus und Freizeit
  • Stärkung der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung  (Förderung der seelischen Gesundheit)
  • von Ärztinnen und Ärzten unterstützte Gestaltung von Unterricht und Elternarbeit
  • Einbindung der Eltern in das schulische Leben
  • gesundheitsförderliche Gestaltung von Schule und Umgebung

Das Angebot können alle Schulen in Nordrhein kostenfrei wahrnehmen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.gesundmachtschule.de

„Uns hat besonders gefreut, dass die am Wettbewerb teilnehmenden Schulen das Thema Glück nachhaltig in ihrem Schulalltag verankert haben. Die Kinder haben gelernt, dass das Glück jedes Einzelnen und das Glück der Gemeinschaft eng miteinander verbunden sind – ein wichtiger Faktor, um den Klassenverbund und den Gemeinsinn zu stärken und Ausgrenzung vorzubeugen“, sagte Rolf Buchwitz, stellvertretender Vorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg. Diesen Eindruck bekräftigten Petra Weisweiler und Beate Hoffmann von der KGA Arche Noah in Grevenbroich, die, stellvertretend als Preisträger, über die Veränderungen im sozialen und kollegialen Miteinander in ihrer Schule berichteten: „Auch der kollegiale Umgang unter uns Lehrkräften hat sich seit dem Glückswettbewerb deutlich verbessert. Man sieht viel häufiger ein Lächeln im Gesicht, nicht nur bei den Schülern“, sagte die Schulleiterin Petra Weisweiler.

„Glück besteht nicht aus kurzfristigen Hochs, sondern aus einer grundlegenden Haltung, die es ermöglicht Schwierigkeiten des Lebens als Herausforderung zu betrachten“, sagte Dr. Raphaela Schöfmann, Fachärztin für Innere Medizin und Allgemeinmedizin in Neuss, die als Gesund macht Schule-Patenärztin an der Neusser Leoschule die Aktivitäten der Schule zum Thema Glück eng begleitet hat. „Es bedarf eines klaren Bewusstseins für die eigenen Stärken und Schwächen und für Werte wie zum Beispiel Dankbarkeit und Achtsamkeit. Ich fand es spannend, wie die Kinder bei der Auseinandersetzung mit ihren eigenen Glücksmomenten schnell verstanden haben, dass es die alltäglichen „kleinen“ Dinge – wie z.B. das gemeinschaftliche Singen – sein können, die ihnen ein Glücksgefühl bescheren“, so Schöfmann.  


 

Kinder-Glücksbuch bestelle

Interessierte Ärztinnen und Ärzte im Rheinland können das Kinder-Glücksbuch auf www.gesundmachtschule.de als PDF-Datei herunterladen oder ein kostenfreies Exemplar in gedruckter Version bestellen, wenn Sie einen an Sie selbst adressierten und frankierten DIN A4-Rückumschlag (1,45 Euro) an folgende Adresse senden:

Ärztekammer Nordrhein, Snezana Marijan, Tersteegenstr. 9, 40474 Düsseldorf.