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10. Kammerkolloquium Kindergesundheit

Armut macht krank

Gruppenbild der Teilnehmer des Kolloquiums
Diskutierten über die aktuellen Risiken für die Kinder- und Jugendgesundheit: Die Referentinnen und Referenten des 10. Kammerkolloquiums Kindergesundheit. © Marc Strohm

Düsseldorf, 13.11.2023. Armutsgefährdete Kinder, dazu zählen insbesondere Kinder von Alleinerziehenden, sind häufiger gesundheitlich beeinträchtigt als Gleichaltrige aus Haushalten mit mittleren und hohen Einkommen. Das ist eines der Ergebnisse der KIDA-Studie des Robert Koch-Instituts, die deren Mitautorin Petra Rattay beim 10. Kolloquium Kindergesundheit am 11. November im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft vorstellte. Zudem zeigten frühere Untersuchungen, dass sich Armut auf die durchschnittliche Lebenserwartung auswirke. Männer, die bei Geburt der Gruppe mit niedrigem Einkommen angehörten, lebten durchschnittlich 8,6 Jahre kürzer im Vergleich zu Männern, die bei Geburt der einkommensstarken Gruppe angehörten. Bei Frauen betrage diese Differenz 4,4 Jahre. Zusammenfassend forderte sie ein Mehrebenen-Strategie als gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit Verbesserung der Lebensbedingungen von armutsgefährdeten Familien und gab konkrete Tipps einer Verhaltensprävention mit Aufklärung zu und Angebot von gesundem Essen und Einbau von Bewegung in den Schulalltag in Kitas und Schulen. 

Um die Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen zu stärken, sollten Gesundheitsthemen bereits in der Grundschule aufgegriffen werden, erklärte Snezana Marijan, Referentin für Gesundheitsförderung und Prävention bei der Ärztekammer Nordrhein und Koordinatorin des Programms Gesund macht Schule. Wirklich wirksam könnten diese Inhalte aber nur dann vermittelt werden, wenn sie verpflichtender Bestandteil des Lehrplans seien. Aktuell würden an Grundschulen in Deutschland zwar einzelne Themen wie Suchtprävention, Zahngesundheit oder Sexualerziehung von Lehrerinnen und Lehrern im Sachkundeunterricht aufgegriffen. Systematisch verankert seien die Themen aber im Unterricht nicht. Anders sei dies beispielsweise in Finnland: Dort sei Gesundheitserziehung Teil des Lehrplans – mit messbar positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Kinder. 

Dr. Josef Kirchner, nordrheinischer Vorsitzender des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland, maß den Schulen eine große Bedeutung für die seelische Gesundheit von Kindern- und Jugendlichen bei und forderte mehr wertschätzende Kommunikation. Er warnte davor, dass die Folgen von psychischer Gewalt und Mobbing an Schulen vielfach nicht ernst genug genommen würden. „Ich arbeite in meiner Praxis täglich mit Mobbingopfern“, sagte Kirchner. Die Kinder, die professionelle psychotherapeutische Hilfe erhielten, seien aber in der Minderheit. Der Kinderpsychiater forderte zudem eine konsequente Triagierung auffälliger Kinder und deren frühzeitige Vermittlung an Kinderärzte. Wichtig sei dabei eine gute Vernetzung aller therapeutischen Angebote: vom Kinderarzt über Kinderpsychologen und -psychiater bis hin zu Ergotherapeuten oder Sozialarbeitern. Daran mangele es zurzeit noch. 

Wie wichtig Bewegung, Gesundheit, Sport und Spiel für Gesundheit und Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen sind, stellte Professorin Dr. Christine Joisten vom Institut für Bewegung und Neurowissenschaft an der Deutschen Sporthochschule Köln heraus. Bereits vor der Coronapandemie habe sich nur ein Anteil von rund 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre ausreichend bewegt. Die Pandemie habe die Lage weiter verschärft und insbesondere die Zahl der adipösen Kinder steigen lassen. Um hier gegenzusteuern, sollte man Joisten zufolge die Latte allerdings nicht zu hoch hängen. Schon zu Fuß zur Schule zu gehen oder mit dem Rad zu fahren, sei besser als sich nicht zu bewegen, sagte sie. Eine gute Gesundheitskompetenz sollte nach Ansicht der Ärztin den gesamten Lebensstil umfassen und nicht nur einzelne Aspekte wie Bewegung oder Ernährung herausgreifen. Darüber hinaus gelte es, Lebenswelten zu schaffen, die Kindern ein gesundes Aufwachsen ermöglichten. 

Einen ausführlichen Bericht zum 10. Kammerkolloquium Kindergesundheit lesen Sie in der Januarausgabe des Rheinischen Ärzteblattes

MST
 


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